Im Laufe der Entwicklung einer neuen Generation von Astro-Objektiven wurde uns schnell klar, daß das klassische apochromatische Triplet-Design den vollen UBVRI-Spektralbereich (365nm – 1014nm) moderner elektronischer Sensoren (CCD, CMOS) nur zum Teil ausnutzen kann.
Die Zielstellung für die neue Objektivgeneration bestand deshalb für uns darin ein Design zu entwerfen, das in diesem breiten Spektralbereich (möglichst) fehlerfrei abbildet. Dazu müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein.
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Bei einem dreilinsigen Apochromat nach dem Stand der Technik ist der besonders störende Gaussfehler nicht korrigierbar.
Erst wenn die Sinus- oder Isoplanasiebedingung erfüllt ist, bildet ein optisches System richtig ab. Ein derartiges Objektiv wird auch als aplanatisches (fehlerfreies) Objektiv bezeichnet.
Die polychromatische Bildgüte wird nicht künstlich verändert bzw. "schön gerechnet", da dies die optische Korrektur nicht verbessern würde. Statt dessen wird das optische System im Spektralbereich von 365nm bis 1014nm mittels einer Wellenlängentabelle und den jeweiligen Wichtungsfaktoren von 1 optimiert.
Das Ergebnis der Optimierungen stellt ein vierlinsiges polychromatisches Basissystem dar, bei dem die CaF₂ Linse geschützt zwischen zwei Linsen aus speziellen optischen Gläsern liegt.
Die vierlinsige Bauform des polychromatischen Objektivs ist besonders für größere Refraktoren ab ca. 130mm Öffnung geeignet. Hier läßt sich der Farblängs- und Gaussfehler optimal korrigieren.
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Der Farblängsfehler zeigt den typischen Verlauf einer polychromatischen Korrektur, d.h. die Kurve hat mehr als 3 Schnittpunkte mit der mittleren Bildebene.
Unser Ziel einer beugungsbegrenzten Abbildungsgüte in Form einer Strehl-Zahl ≥ 0,9 über einen Spektralbereich von 365nm (UV) bis 1014nm (IR) wird durch das innovative Optikdesign vollständig erreicht.
Das neue Optiksystem und Entwurfsdesign wurde von uns unter der Bezeichnung Polychromatisches Objektiv und Verfahren zum Entwurf eines polychromatischen Objektivs, Aktenzeichen 10 2016 123 732.9, beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zum Patent angemeldet.
Bei visuellen Beobachtungen und CCD-Aufnahmen wird eine nahezu fehlerfreie Abbildung gewährleistet. Die Bilder sind hell, praktisch frei von Farbfehlern, Astigmatismus, Koma, Öffnungs- und Gaussfehler; das theoretische Auflösungsvermögen wird fast erreicht.
Insbesondere bei der anspruchsvollen Planetenbeobachtung werden aufgrund der brillanten, detail- und kontrastreichen Abbildungsgüte höchste Vergrößerungen möglich; die optische Überlegenheit gegenüber konventionellen apochromatischen Systemen wird deutlich.
In den Randbereichen des visuellen Spektrums gibt es keinen Abfall des Strehls in die Nähe oder unter die Beugungsgrenze wie bei den meisten Apochromaten, wie die folgende Normierung des Spektralbereiches auf 436nm bis 707nm verdeutlicht:
Vergleich zwischen APQ 150/1200 Polychromat und Carl Zeiss APQ 150/1200 Apochromat im visuellen Spektralbereich: Strehl Ratio vs. Wavelength (436nm – 707nm)
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Die extreme Abbildungsgüte des vierlinsigen Polychromats als Basissystem ermöglicht die Kombination von Feldkorrektoren und brennweitenverändernden Systemen wie z.B. Barlow-Systemen und Reducer-Korrektoren.
Der nutzbare Wellenlängenbereich ist 365nm bis 1014nm und damit gegenüber dem eingeschränkten visuellen Spektralbereich klassischer apochromatischer Duplet- und Triplet-Objektive (üblicherweise 436nm – 656nm bzw. 480nm – 707nm) bis zu drei mal breiter.
Dadurch gewinnen unsere Kunden sowohl im UV als auch IR große Anteile des nutzbaren UBVRI-Spektralbereichs moderner CCD- und CMOS-Sensoren mit ihren großen Bilddiagonalen, Pixelzahlen und hoher Quanteneffizienz hinzu.
Hierbei ist bemerkenswert, daß der nutzbare Wellenlängenbereich des neuen Fluorit Quadruplet Polychromats mit denen der CCD- und CMOS-Sensoren fast identisch ist.
Damit erschließen wir völlig neue Forschungs- und Tätigkeitsgebiete. Bisher nicht beobachtbare Strukturen im UV und IR werden sichtbar.
Apochromatische Fluorphosphat- und CaF₂ Duplet- und Triplet-Objektive sind zur Unterdrückung des UV/IR-Spektrums auf UV/IR-Sperrfilter angewiesen.
Da diese Apochromate nur für den visuellen Spektralbereich gerechnet sind, müssen die meist "störenden" Spektralanteile herausgefiltert werden, um ein hinreichend scharfes Bild zu erhalten.
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Im Unterschied dazu ist beim Einsatz der Fluorit Quadruplet Polychromate die Verwendung von derartigen UV-IR-Sperrfiltern nicht nur überflüssig, sondern sogar kontraproduktiv, weil dabei wesentliche spektrale Informationen des Objekts verloren gehen.
Aus dem vierlinsigen Basisdesign können durch Hinzufügen weiterer Linsen, den Ersatz von fluiden, optisch transparenten Medien, durch Luftspalte oder die Ausführung von Glas-Luft-Flächen als Asphären sowie durch Substitution der optischen Gläser durch kristalline und Sondermedien Polychromate mit extremen Öffnungsverhältnissen von f/1 bis f/8 abgeleitet werden.
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Anwendung finden diese Spezial-Polychromate z.B. als Astrographen und andere Systeme mit einem nutzbaren Spektralbereich von 320nm bis 2500nm. Derartige Instrumente sind z.B. spezielle Echellespektrographen, Fokalreduktor- und Kamerasysteme der modernen professionellen Astronomie.
Die eingesetzte Fügetechnologie mittels eines zwischen den Linsen befindlichen fluiden, optisch transparenten Mediums (Fügeöl) bietet gegenüber dem klassischen Fügen der einzelnen Objektivlinsen mit Luftspalten mehrere Vorteile:
Thermische Spannungen zwischen den Linsen sind durch das dazwischen befindliche Fügeöl ausgeschlossen.
Der Ölfilm verhindert Flächenkippungen, wie sie bei einem Luftspalt möglich sind.
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Es gibt weniger Glas-Luft-Flächen und damit praktisch kein Streulicht, die Transparenz des optischen Systems steigt.
Die Anpassung an die Umgebungstemperatur erfolgt schneller, d.h. das optische System hat ein besseres thermisches Verhalten.
Konventionelle Antireflektionsbeschichtungen (ARB) entsprechen nicht den hohen optischen Abbildungseigenschaften der polychromatischen Objektive, da diese gewöhnlich nur für den visuellen Spektralbereich optimiert sind.
Deshalb haben wir für die Fluorit Quadruplet Polychromate ein völlig neues Ultra-AR-Schichtensystem entwickeln lassen, das sich durch eine extrem niedrige Restreflektivität RAVG von < 0,7% über den kompletten Spektralbereich von 365nm (UV) bis 1014nm (IR) auszeichnet.
Die vierlinsige Bauform des Polychromats mit nur zwei Glas-Luft-Flächen (Ausführung mit einer Asphäre ohne Luftspalte) an den Außenseiten reduziert zusammen mit der innovativen AR-Entspiegelung Restreflektionen auf das physikalische Minimum.
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Das Zusammenwirken des CaF₂ mit seiner hohen Transmission über einen weiten Spektralbereich von UV bis IR mit der Ölfügetechnologie ohne Luftspalte führt zu einer weiteren Erhöhung der Transparenz und zu extrem scharfen und reflexfreien Bildern.
Die zur Zeit verfügbare AR-Beschichtungstechnologie begrenzt den in der Praxis nutzbaren Spektralbereich auf 365nm bis 1014nm.
Optional können spezielle UV- bzw. IR-AR-Beschichtungen für Spezialanwendungen angeboten werden.